Vom Holz zum Hemd aus Lyocell, Modal, Viskose & Co …
Wie entsteht ein “Holz Hemd”?
Der ORF hat in der Konsumentenredaktion der Reihe “Help – das Ö1 Konsumentenmagazin” im Artikel “Vom Holz zum Hemd: Lyocell, Viskose und Co.” auf die Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Lyocell, Modal, Viskose hingewiesen. Ein sehr guter Artikel, bei dem auch Herr Professor Gindl-Altmutter sein Wissen teilt. Wir haben uns erlaubt ein paar Statements zu vertiefen und konkreter darzustellen.
Holz wird aus Zellulose gewonnen
Es ist richtig, dass mit Chemikalien wie Natronlauge oder Magnesium Sulfit die Zellulose aus dem Holz extrahiert wird. Das bezeichnet man in der Fachsprache als kochen. Dabei werden die Chemikalien als auch Nebenprodukte wieder rückgewonnen. Ein “chemisches” Verfahren ist es insofern nicht, als die Cellulose nicht verändert wird.
Wolfgang Gindl-Altmutter, Professor für Naturfasermaterialien am Institut für Holztechnologie und nachwachsende Rohstoffe der Universität für Bodenkultur (BOKU) in Tulln wird dabei zitiert. Er erklärt: „Die Zellulosefasern werden dann in einem Lösungsmittel aufgelöst und durch eine Düse in ein Spinnbad gepresst“.
Garne aus den sogenannten “Stapel” Fasern
Die sogenannten “Zellulose-Regenerat-Fasern” werden aus dem Spinnbad genommen, auf eine Länge wie Baumwolle geschnitten und gewaschen. Dadurch erhält man Fasern, die dann erst zu einem Garn versponnen und anschließend verstrickt und verwoben werden.
Natürlich können bei Viscose auch auch Filamente, d.h. Endlosgarne direkt hergestellt werden, dies ist schwer umweltgerecht zu machen. Lenzing hat jedoch einen neuen Prozess auf Basis Lyocell entwickelt, aus dem man auch Filament herstellen kann. Diese Innovation – genannt TENCEL™ Luxe – ist eine Alternative zu Seide und hat bei den letzten Oscar® Awards die Film und Luxus Branche entzückt.
Cellulosefasern der Baumwolle ähnlich
Richtig ist, dass die Cellulose Fasern aus Holz den Baumwollfasern in ihren Eigenschaften sehr ähnlich sind und deshalb genauso gut gefärbt und bedruckt werden können. In Mitteleuropa wird vor allem von Lenzing Buchenholz für die Herstellung verwendet. Aber global gesehen spielen Eukalyptus aber auch andere Laub- oder Nadelholz Arten eine große Rolle. Cellulose kann kann prinzipiell auch aus Bambus hergestellt werden. Dies ist jedoch nicht so häufig, leider ist die Zellstoffherstellung nicht so umweltfreundlich.
Lyocell umweltfreundlicher als Viskose
Mehrere Varianten der Fasergewinnung aus Holz sind möglich. Beim neueren Lyocellverfahren – aus Lenzing unter der Marke TENCEL™ Lyocell beim Konsumenten geführt – kommt ein weniger bedenkliches Lösungsmittel zum Einsatz. Dieses wird in einem Kreislaufverfahren rückgewonnen – die EU hat Lenzing für die Technologie den Umweltpreis verliehen.
Lenzing erzeugt Modal und Viskose sehr umweltfreundlich
Am wichtigsten sind das traditionelle Viskose- und das “relativ neue / umweltfreundliche” Lyocellverfahren nicht aus Plastik sondern aus nachwachsendem Rohstoff Holz. „Beim Viskoseverfahren werden Natriumhydroxid und eine Schwefelverbindung eingesetzt, sodass die Zellulose löslich wird“, sagt Gindl-Altmutter. Dass diese Chemikalien jedoch eine intensive Geruchsbelastung verursachen können stimmt. Deswegen sind umfangreiche Rückgewinnungsanlagen notwendig. Lenzing produziert seine Fasern im Salzkammergut und zeigt damit, dass dies ohne Umweltbeeinträchtigung auch in einer Urlaubsdestination möglich ist. ECOVERO™ ist die Viskose aus dem Hause Lenzing, welche die strengen EU – Kriterien (EU Ecolabel) erfüllt. Dabei ist natürlich auch die Abwasserreinigung in einer Kläranlage ein muss, somit stellt die Herstellung von ECOVERO™ aber auch TENCEL™ Modal kein Problem für das Grundwasser dar. Modal lässt sich besonders umweltfreundlich herstellen, wenn der Farbstoff bei der Herstellung gleich mit eingebaut wird.
Kein Mikroplastik und geringer Wasserverbrauch
Das Statement stimmt: “Während Polyester und andere erdölbasierte Materialien Mikroplastik verursachen und nicht biologisch abbaubar sind, können Fasern aus Holz kompostiert werden. In der Herstellung verbrauchen sie weitaus weniger Wasser und schneiden in der Hinsicht auch deutlich besser ab als Baumwolle. Die Umwelthilfe hat berechnet, dass für ein Kilogramm Lyocell-Fasern 263 Liter Wasser eingesetzt werden müssen, bei Biobaumwolle 5.000 Liter und bei konventioneller Baumwolle sogar 11.000 Liter. Die Holzproduktion in Europa sei außerdem ein relativ naturnahes Verfahren, bei dem anders als im Baumwollanbau keine Pestizide verwendet werden, sagt Gindl-Altmutter.”
Atmungsaktiv und weich
Gindl-Altmutter erklärt: „Überall wo man Baumwollfasern einsetzen kann, kann man auch Zelluloseregeneratfasern verwenden“. Aufgrund des natürlichen Rohstoffes ist das Material besonders saugfähig und weich. Daher sehr angenehm zu tragen. Deshalb eignet es sich Unterwäsche, Jeans, Hemden und auch für Bettwäsche, natürlich auch bzw. Socken, für Hygiene Artikel und sogar bei Automobilen.
Cellulosefasern sind auch so wie Baumwolle bügelbar, aber im Quervergleich erleichtern sie unser Leben. “Alleine im Preisvergleich kann das holzbasierte Material noch nicht mithalten. Es ist gegenwärtig teurer als Baumwolle oder synthetische Stoffe.”
Lyocell als „Faser der Zunkunft
Wegen des Klimawandels seien in den kommenden Jahren schlechtere Baumwollerträge zu erwarten, wodurch die Bedeutung von Regeneratfasern weiter zunehmen werde, vermutet der BOKU-Professor. Und noch etwas spricht für Lyocell als „Faser der Zukunft“: „Bei der Produktion kommt in unserem Raum vor allem die Buche zum Einsatz, deren Bestände stark zunehmen werden“. Es brauche also mehr hochwertige Verarbeitungsmöglichkeiten für den Rohstoff, wofür sich die Textilfaserproduktion gut eignen würde, so Gindl-Altmutter.”
Lyocell ist dabei die Technologie der Wahl. Die nächste Generation nach Viskose, aber auch eine Alternative zur nicht immer umweltfreundlich gewonnenen Baumwolle.